Es gibt Menschen,
die ihre eigenen Projektionen nicht erkennen. Menschen, die wirklich glauben, dass andere dafür verantwortlich sind, was sie fühlen, was sie denken oder wie ihr Selbstwert bemessen wird. Für sie sind immer die anderen schuld: Schuld an der eigenen Kränkung, am eigenen Schmerz, am eigenen Durcheinander. Es ist für diese Menschen unvorstellbar, dass das, was sie im Außen bekämpfen, etwas ist, das eigentlich in ihnen selbst wirkt.
Sie beschweren sich dann oft darüber, dass alles, was sie sagen, wie ein Bumerang zu ihnen zurückkommt. Und ja – natürlich tut es das. Was wir projizieren, ist ja etwas, das aus uns selbst herauskommt. Etwas, das wir dem anderen zuwerfen, obwohl es zu uns gehört. Der Bumerang kehrt zurück, weil er nie den anderen meinte, sondern unser eigenes Inneres.
Das ist ein bitterer Prozess, wenn man das erkennt. Und für viele ist diese Erkenntnis so schmerzhaft, dass sie ihr lieber ausweichen. Statt hinzusehen, gehen sie in die Opferhaltung. Sie ziehen sich zurück, werden still oder wütend, hauen ab, verschwinden aus Situationen, aus Beziehungen, aus Verantwortung. Denn wenn sie anfangen müssten, aufzuräumen, stellt sich eine schwierige Frage: Wo sollen sie anfangen? Welche der vielen alten Schichten müssten sie zuerst berühren? Welche der Geschichten, die sie so lange von sich ferngehalten haben, müssten sie zulassen?
Für manche Menschen ist das zu viel. Sie halten lieber fest an dem Muster, das ihnen vermeintliche Sicherheit gibt: Andere sind schuld. Andere haben versagt. Andere haben sie verletzt. Andere sind verantwortlich für ihren Selbstwert, ihr Gesicht, ihre Leistung, ihren Zustand. Denn wenn sie dieses Muster loslassen würden, müssten sie in die Selbstverantwortung gehen. Und das ist für viele der anspruchsvollste Schritt von allen.
Es gibt Menschen, denen kannst du zehn Hände reichen – sie nehmen keine. Nicht, weil sie nicht wollen würden, sondern weil sie nicht können. Weil das alte Muster stärker ist als jeder helfende Impuls. Weil es sich sicherer anfühlt, die Schuld zu verteilen, als sich selbst ehrlich zu begegnen. Und so bleiben sie irgendwann allein. Nicht, weil andere sie verlassen, sondern weil sie sich selbst von dem entfernen, was sie verbinden könnte: Klarheit, Verantwortung, echte Nähe.
Selbstführung bedeutet, sich dieser Wahrheit zu stellen: Niemand anderes ist dafür verantwortlich, was in mir ausgelöst wird. Jeder Mensch ist nur ein Spiegel. Jede Begegnung nur ein Hinweis. Und das, was wir im Außen bekämpfen, ist oft das, was im Inneren auf Heilung wartet.