Ein paar Worte und Gedanken zum Jahreswechsel – oder warum die Barbara Messer nicht in der Schweiz ist.

von | 10. Januar 2023 | Change, Persönliches, Resilienz

„Ein Schritt vor und zwei zurück“ – so singt es Ulla Meinicke, die mich bereits bei meiner Alpenüberquerung im Jahre 2016 begleitete. Damals hatte ich bei besonders langen Abstiegen den Song „Schlendern ist Luxus“ im Ohr. Zeit zu haben und im Jetzt ein wenig zu schlendern – da fühlte ich mich in ihren Worten abgeholt.

Und nun ist der Song „Ein Schritt vor und zwei zurück“ aktueller denn je für mich. Wieder von Ulla Meinicke.

Dieses hier ist kein wirklicher Jahresrückblick, sondern eher ein Einblick für die neugierigen unter meinen Lesern, die mehr von mir wissen möchten. Wie schön – vielen Dank dafür.

Am 3. Oktober letzten Jahres sprach ich noch davon, wie gut es sich anfühlte, den Tag der Deutschen Einheit außerhalb der Landesgrenzen zu erleben. Die Idee war ja in 2022 geboren, im Herbst in die Schweiz auswandern.

Und nun – während ich diese Zeilen schreibe – bin ich wieder mittendrin in Deutschland.

Wieso, weshalb, warum möchte man fragen. Hier ist die Antwort.

Ganz einfach – weil ich sehr schnell in der sogenannten neuen Heimat die alte Heimat vermisst habe. Heimweh pur! Sehnsucht nach vertrauten Wegen und einem „Moin“ statt einem „Gruezi miteinander“.

Und so ging ich dann eben die zwei Schritte zurück. Der November und gerade der Dezember waren die Wandelmonate für mich. Viele Freunde und besondere Menschen haben mich durch diese Zeit begleitet, denn diese Entscheidung fiel mir überhaupt nicht leicht.

Fragen gab es auch hier viele: „Tue ich es oder nicht?“, oder „Was genau ist für mich so besonders wichtig?“, „Was brauche ich wirklich?“oder „Was ist Heimat“ und  „Was denken die Menschen, wenn ich meine Pläne so schnell ändere?“ „Ach, was – eine gute Fehlerkultur ist verständlich“……so gingen mir die Gedanken im Kopf.

Meine Spotify Liste erzählt wohl weitaus mehr über mich, als ich es in all diesen Zeilen ausdrücken und unterbringen kann.

Derzeit bin ich projektbezogen in der Region Hannover und lebe ein inspirierendes „Author in Residence“ Projekt am Steinhuder Meer. Der Blick auf das Meer der Möglichkeiten, wie ich es nenne, ist wahrhaftig inspirierend und beruhigend schön. Lebenskunst, wie ich sie liebe. Sonne und Mond spiegeln sich im See (sie nennen es hier Meer) und schenken Ruhe für konzentrierte Arbeit. Zeit für meine geschätzten Kunden und mich.

Ich habe hier das Laufen (allerdings langsam) wieder begonnen und liebe es, mich durch die Felder und moorähnlichen Landschaften zu bewegen und den Gänsen beim Rufen zuzuhören. (Laufen erdet mich einfach). Dort entstehen wichtige Meilensteine in den unterschiedlichen Projekten.

Hier schreibe ich an meinem neuen Buch über Selbstführung, coache weiterhin andere Menschen für ihre Anliegen, stelle gerade meine geliebte Trainerausbildung wieder auf den Kopf, hier werden die Vorträge geprobt und das Ghostwriting-Projekt realisiert, u.v.a.m.

Die Region Hannover war in all den Jahrzehnten meines Lebens immer wieder meine Heimat und mein Bezugspunkt – so dass ich hier noch einmal innehalte. Jetzt haben die Fragen Platz, wie zukünftige Lebensprojekte in Zeiten wie diesen gelingen. Vorletztes Jahr wagte ich ja auch ein Co-Housing und Co-Working Projekt in Spanien. Nun nehme ich mir ausreichend Zeit, nach Land & Leuten zu schauen – die ersten Gespräche haben bereits begonnen. Ganz unter dem Motto: „Träume Gedanken weiter, bis du sie in den Händen hältst.“

Und ganz wichtig!!!

Ich mag die Schweiz, ich habe dort wundervolle Kollegen und fast schon Freunde. Die Schweiz bereiste ich bereits mit dem Rad (mit Gepäck und Zelt den Fluelapass hinauf) und habe immer wieder die Stimme meiner Stiefmutter, die aus Zürich stammt, im Ohr. Sie las mir den Schellenurlsi (ein bekanntes Schweizer Kinderbuch) vor und gab mir herrliche Vertrautheit zur Schweizer Sprache. Das Rheinschwimmen, welches ich in 2022 entdeckte, war ein ebenfalls ein wahrer Höhepunkt.

Die Haare wachsen lassen.

Es gibt ein weiteres Vorhaben, welches auch mit einem kleinen Schlenker seinen Weg nimmt. Zu meinem 60. Geburtstag nahm ich mir vor, meine Haare wieder wachsen zu lassen. Wie früher. Im Kreise ausgewählte Lehrer und Lehrerinnen erfuhr ich, dass wir Frauen über 60 zu den Ältesten zählen und diesen Platz nehme ich jetzt ganz besonders gerne ein. Die Auseinandersetzung mit dieser neuen Rolle lud mich ein, der Frau und Weiblichkeit in mir ein neues Gesicht zu geben, indem ich u.a. meine Haare wachsen lasse. Und dann habe ich mich nicht getraut. Kein Wunder – es tauchten die typischen Fragen dabei auf:

„Wie gelingt der Übergang beim Haare wachsen lassen?“, oder „Was mache ich mit den bisherigen Fotos?“ und ähnliche Gedanken mehr.  Diese Fragen und andere sorgten dafür, dass ich erst einmal bei den kurzen Haaren blieb.

Doch jetzt – im neuen Jahr geht es los. Ich lasse sie wachsen. Beratend an meiner Seite ist meine wunderbare Tochter, die ja u.a. Friseurmeisterin ist. Sie wird mir Tipps geben. Während ich jetzt hier über meine Haare schreibe, möchte ich mir am liebsten schon wieder Zopfspangen kaufen, die ich als Kind so liebte. Das ist natürlich ein wenig übertrieben – aber die Zeit für Freude und Spiel ist wichtig.

Eine wertvolle Zeit von Zäsur.

Auch nutze ich diese Zeit als fruchtbare Zäsur bisheriger und künftiger Produkte, denn so vieles hat sich verändert und vertieft. Ich bin tief davon überzeugt, dass sich jetzt die Themen von New Work & New Learning verändern werden. Die Beseelung der Arbeitswelt wird immer wichtiger – deshalb wende ich mich noch intensiver den Führungskräften zu.

So habe ich jetzt z. B. entschieden, dass die Blended-Learning-Ausbildung, die ich seit 2020 anbiete, nun ihre Zeit hatte und wieder in die bewährte, aber noch einmal verbesserte Präsenzausbildung umgewandelt wird.

Und auch anderes mehr ist Entstehen. Eine fruchtbare und produktive Zeit. Du wirst aktuell immer wieder spannende und neue Projekte von mir finden. Insbesondere gehe ich bewusst ausgewählte Kooperationen ein, die unter „Further & Beyond“ ihr Zuhause und ihren Wirkraum haben. „Gemischtes Doppel“ nenne ich diese kostbaren Kooperationen.

Die Zeit mit sich alleine ist kostbar.

Nur im Alleinsein können wir uns selber finden. „Alleinsein ist nicht Einsamkeit, sie ist das größte Abenteuer“, sagte schon der suchende Hermann Hesse. Alleine-Zeit sehe ich in Angesicht der Schnelligkeit des Wandels und der Kriege auf unseren Planeten als wesentlich an.  Wer in sich selbst Frieden hat, der braucht keinen Krieg.

„Ein Zimmer für sich alleine“, sagte Virginia Wolf bereits 1929, ein großes Vorbild der Schriftstellerei für mich. Dies schrieb sie unter dem Aspekt „Man gebe ihr ein eigenes Zimmer“ und ein kleines Einkommen, von dem sie halbwegs leben könne. Diese Forderung gilt m.E. für alle, die kreative Höchstleistungen erbringen wollen/sollen. Ein Großraumbüro ist nicht unbedingt leistungsorientiert und vor allem eines: Nicht sexy. Ein Zimmer für sich alleine schon. Ungestörtheit ist für bestimmte Arbeitsphasen wichtig.

Ich entdecke in den letzten Monaten mehr und mehr die Freude am Alleine-sein und nutze sie immer bewusster. Da kann es schon einmal vorkommen, dass ich nachts durchs Zimmer tanze (manchmal auch mit der Katze auf dem Arm), schreibe früh um 5 ein Konzept oder Gedicht, entwickele den neuen Vortrag, ein neues Buchkapitel, bade nachts noch bei Mondlicht im Meer oder telefoniere bis in die Nacht. Oder ich arbeite einfach von früh bis spät durch. Oder koche mit Freunden und verquatsche die Nacht beim Hören alter Songs, die eine besondere Bedeutung hatten. (Cat Stevens, Tom Waits….. etc.) Oder gleich früh am Morgen neben der Teetasse das Vortragsskript oder ein Zoom-Meeting.  Und das Bewusstsein wächst, alte routinemäßig durchgeführte Abläufe zu ändern, die nicht mehr für das Jetzt passen. Die Alleine-Phasen im letzten Sommer waren das bereits eingeläutete Einstimmen auf dieses Buch zum Thema Selbstführung und begleiten mich täglich.

Der schöne Ort.

Vor ein paar Tagen machte ich gemeinsam mit einem besonderen Freund eine wunderschöne Wanderung ganz in der Nähe des Deisters, an einem Ort, wo ich ein paar Jahre gelebt habe und wo ich meine intensiven Marathontrainings begann. Ich war also damals oft draußen zwischen Himmel und Erde und zog meine Runden durch die Landschaft rund um Alferde.

Damals begleitete mich meine Tochter mit ihrem kleinen Kinderrad auf den ersten Metern.

Es war an diesem Tag ein besonderes Erlebnis, nach so vielen Jahren der räumlichen Abwesenheit nun wieder solch intensiven Kontakt zu diesem besonderen Ort zu bekommen.

Wir saßen lange auf einer ganz besonderen Lichtung und ich spürte wieder eine neue Facette von Heimat.

Auf dem Rückweg machte ich Fotos, unter anderem von Baumpilzen. Eines der Bilder wähle ich für diesen Beitrag aus, weil ich die Makro-Sicht passend finde, für das was viele Menschen zur Zeit erleben: Im Innehalten und Vertiefen, in der Veränderung der Brennweite der eigenen Wahrnehmung liegt viel Kraft und Focus.

Willkommen Neues! Danke, dass Du Dir Zeit nimmst, diesen ganz persönlichen Beitrag zu lesen, Barbara