Der blinde Fleck moderner Führung
Viele Führungskräfte – agieren nach einem Muster:
Sie treffen Entscheidungen, oft auf Basis von Analysen, Zahlen und strategischen Überlegungen, und setzen diese um. Doch was passiert danach? Zu oft ziehen sie weiter, ohne zu verweilen, ohne sich die Konsequenzen anzuschauen. Sie sind gedanklich schon bei der nächsten Aufgabe, dem nächsten Problem.
Das Resultat?
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- In Organisationen kämpfen Menschen mit den Folgen.
- Lebenspläne von Mitarbeitern werden innerhalb von Sekunden durch eine Umstrukturierung, eine Kündigung oder eine Standortverlagerung zerrissen.
- Teams verlieren Stabilität und Orientierung.
- Vertrauen erodiert – denn eine Entscheidung ohne Präsenz signalisiert: „Du bist nicht wichtig genug, um hinzuschauen.“
Das Problem ist nicht die Entscheidung selbst, sondern der fehlende Resonanzraum: das bewusste Erleben, was die Entscheidung für die Betroffenen bedeutet.
Verantwortung bedeutet: Hinschauen
Wirklich Verantwortung zu übernehmen, heißt nicht nur zu entscheiden. Es bedeutet auch, bei den Konsequenzen anwesend zu sein. Es bedeutet, die Wellen zu spüren, die die eigene Handlung auslöst.
Was würde sich ändern, wenn Führungskräfte präsent blieben?
Stell dir vor, jemand, der Kündigungen ausspricht, begleitet die betroffenen Mitarbeiter durch die schwierige Zeit. Oder ein Manager, der ein Projekt stoppt, sieht sich an, wie das Team die Frustration verarbeitet und sucht den Dialog. Die Konsequenzen wahrzunehmen ist unbequem, ja – aber genau darin liegt Wachstum.
Hier sind drei Kernfragen, die sich jede Führungskraft stellen sollte:
1. Was lerne ich, wenn ich den Schmerz oder die Freude meiner Entscheidungen miterlebe?
2. Wie verändert sich meine Perspektive, wenn ich die Auswirkungen auf andere wirklich verstehe?
3. Wie werde ich weiser und klarer für zukünftige Entscheidungen?
Warum wir oft nicht hinschauen – und welchen Preis wir dafür zahlen
Es gibt viele Gründe, warum wir lieber „weiterziehen“:
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- Zeitdruck: Die Geschäftswelt belohnt Geschwindigkeit, nicht Reflexion.
- Schutzmechanismen: Es ist emotional herausfordernd, sich mit den Konsequenzen auseinanderzusetzen – gerade wenn diese schmerzhaft sind.
- Kulturelle Muster: Verantwortung wird oft nur rational verstanden: „Ich habe entschieden, also habe ich Verantwortung übernommen.“
Aber echte Verantwortung ist mehr. Sie ist auch emotional und empathisch.Doch dieser blinde Fleck hat einen hohen Preis:
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- Kein Wachstum: Entscheidungen ohne Reflexion führen oft zu wiederholten Fehlern.
- Verlust von Kultur: Wenn Führungskräfte Konsequenzen ignorieren, verlieren Organisationen ihre menschliche Seite.
- Erosion von Vertrauen: Mitarbeiter fühlen sich nicht gesehen, und der Zusammenhalt bröckelt.
Wie wir Verantwortung sichtbar machen können
Hier liegt eine große Chance: Wenn wir Verantwortung wieder in den Mittelpunkt unserer Entscheidungen stellen, entstehen Führung und Organisationen, die wachsen und verbinden. Wie kann das aussehen?
1. Entscheidungen entschleunigen: Weniger, aber bewusstere Entscheidungen treffen. Reflexionsräume schaffen, bevor und nachdem Entscheidungen gefällt werden.
2. Präsenz zeigen: Bleib in den Momenten dabei, in denen deine Entscheidungen wirksam werden. Nimm den Schmerz, die Freude, die Unsicherheit wahr – und lerne daraus.
3. Feedback einholen: Sprich mit den Betroffenen. Frage nach, wie sie die Entscheidung erlebt haben, und höre wirklich zu.
4. Mitgefühl kultivieren: Verantwortung ist nicht nur rational. Sie bedeutet auch, Mitgefühl für die eigene Macht und ihre Auswirkungen zu entwickeln.
Ein neues Bild von Führung
Wirklich Verantwortung zu übernehmen, bedeutet nicht, keine Fehler zu machen. Es bedeutet, bewusst mit den Konsequenzen umzugehen – nicht wegzuschauen, sondern sich den Auswirkungen zu stellen. Es bedeutet, Weisheit aus der Reflexion zu ziehen und daraus zu wachsen.
Diese Art von Führung ist nicht nur menschlicher – sie schafft Vertrauen, Kultur und nachhaltigen Erfolg.
Mein Impuls an dich:
Egal, ob du eine Führungskraft, ein Politiker oder einfach ein Mensch bist, der Entscheidungen trifft: Hab den Mut, hinzuschauen. Lass dich von den Konsequenzen deiner Entscheidungen berühren, wachse daran und werde klarer. Denn nur, wenn wir Verantwortung wirklich erleben, können wir sie übernehmen.
Was denkst du – bist du bereit, diese Art von Verantwortung zu tragen?