„Ich war nie gut darin,

meinen Kindern Sophie und Josef zu erklären, warum Opa so anders war. Wie hätte ich ihnen auch erzählen sollen, dass der Mann, der sie einst auf den Schultern trug und ihnen Geschichten erzählte, plötzlich seine Brille im Kühlschrank findet und unsere Namen vergisst? Wie sollte ich sagen, dass Opa aufs Sofa pinkelt, weil er nicht mehr weiß, wo das Badezimmer ist? Oder dass er mich, seine eigene Tochter, nicht mehr erkennt?

Ich schämte mich. Für ihn. Für mich. Für meine Hilflosigkeit. Und diese Scham war wie ein Schleier, der mich davon abhielt, Sophie und Josef mit einzubeziehen – sie zu verstehen, ihnen zu helfen, zu verstehen. Stattdessen haben sie es allein zusammenpuzzeln müssen, ohne dass ich ihnen die Werkzeuge gab.

Jetzt lebt Opa im Heim. Sophie und Josef sind erschüttert, weil sie es nicht begreifen können. Und ich sehe ihnen an, dass sie nicht nur traurig sind, sondern auch enttäuscht von mir. Ich hätte sie mitnehmen müssen auf diese Reise. Ihnen zeigen sollen, dass Opa keine Schande ist, sondern ein Mensch, der unsere Liebe und unser Verständnis braucht – auch wenn er selbst nicht mehr weiß, wer wir sind. Ich wollte sie schützen, und doch habe ich ihnen etwas genommen: die Chance, mit ihrem Opa auf eine neue Art verbunden zu bleiben.

Deshalb schreibe ich diese Worte, leise, aber ehrlich. Ich entschuldige mich bei Sophie und Josef und bei meinem Vater. Und ich sage mir selbst: Es ist okay, Fehler zu machen. Aber es ist auch wichtig, zu lernen. Demenz ist nicht das Ende von allem, sondern der Anfang von etwas Neuem – einer anderen Art von Nähe, einer anderen Sprache der Liebe.

Lasst uns offener sprechen über Demenz. Lasst uns nicht urteilen, sondern umarmen – mit all den Tränen und dem Lachen, das dazugehört. Opa ist immer noch Opa. Und ich werde versuchen, ihm gerecht zu werden, so wie er es verdient hat.“

In Liebe, Mama

 

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