Gestern habe ich in die Augen meiner Enkeltochter geschaut,

als ihr kleiner Hamster Pinky gestorben ist. Wir haben ihn im Garten begraben, weil sie so gerne bei uns ist. Dieses winzige Wesen, dieses kleine, scheinbar unbedeutende Tier – und doch hat es ihr Herz gebrochen.

Ich stand daneben. Ich, der täglich für das Töten von Tausenden von Tieren verantwortlich ist. Und nun sollte ich eine Grabrede für einen Hamster halten.

Wenn es bewegende Momente in meinem Leben gibt – neben dem Tod meiner Mutter und meiner Eheschließung mit Luise – dann war es dieser.

Ich könnte meinen Rucksack packen, nach Amerika gehen und den Appalachian Trail laufen, so sehr schäme ich mich. Aber Scham ist nicht das richtige Wort. Es ist mehr als das. Ich bin verantwortlich für das Leid von Millionen von Tieren.

Und ich hätte eine Wahl gehabt.

Ich hätte überlegen können, etwas anderes zu produzieren. Etwas, das Menschen nährt, ohne dass dabei Tiere innerlich schreien, wenn sie auf unseren Schlachthof geführt werden. Aber ich habe es nicht getan. Ich habe weitergemacht.

Ja, ich stehe in einer Tradition. Mein Vater, mein Großvater – sie haben mir dieses Handwerk hinterlassen. Ich bin mit blutigen Gummistiefeln aufgewachsen. Es war normal. Es war unser Leben.

Aber muss ich diese Tradition weiterführen?

Ehrlich gesagt: Ich kann nicht einfach aufhören. Nicht von heute auf morgen. Aber ich muss mit meiner Frau sprechen. Wir müssen weg, ans Meer oder in die Berge. Ich muss nachdenken. Ich muss wissen, wie ich das wiedergutmachen kann.

Dieses massenhafte Töten, nur damit die Fleischtheken in den Supermärkten voll sind – damit am Ende des Tages Tonnen an Fleisch in den Müll wandern. Es ist unsäglich.

Welchen Wert hat ein Tier eigentlich noch?

In diesem Moment, in diesem Eingeständnis, weiß ich es: Ein Tier ist nicht weniger wert als ich.

Ich sage nicht, dass jeder Mensch Veganer werden muss. Ich glaube sogar, dass es richtig sein kann, ein Tier zu essen – wenn es ein gutes Leben hatte. Aber das hatten die Tiere, die durch meinen Betrieb gegangen sind, nicht.

Wir haben sie gezüchtet, optimiert, industrialisiert. Wir haben aus Leben eine Zahl gemacht, aus Körpern eine Masse. Fließband-Fleisch.

Oh Gott.

Es tut weh, das auszusprechen. Es tut weh, das zu erkennen. Aber dieses Eingeständnis ist notwendig. Es ist der erste Schritt. Und ich gehe ihn.

Und während ich das tue, löst sich in mir etwas auf – Härte, Frust, Tränen.

Lieber Gott, ich bitte dich um Beistand für die nächsten Tage, für die nächsten Wochen. Für das, was kommt. Für das, was ich wiedergutmachen muss.

Mit Aufrichtigkeit. Mit Demut.
Mit tiefer Erkenntnis.

Karl-Heinz Bruckner

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