„Ich habe einen Fehler gemacht.“
Ein Satz, der in vielen Kontexten inzwischen fast wie ein Mantra klingt. Schnell dahingesagt, manchmal sogar mit einem Anflug von Stolz – weil es ja geradezu modern geworden ist, Fehler zuzugeben. Scheitern gehört dazu. Fehler passieren eben. Sorry.
Aber oft ist dieses „Sorry“ nur eine Geste. Eine Form. Ein Reflex. Ohne Tiefe. Ohne Auseinandersetzung. Eine Art oberflächliches Läutern, das vielleicht sogar Erleichterung verschafft – aber nichts verändert. Denn die wahre Kunst liegt nicht im Eingeständnis allein. Sie liegt im Hinsehen. Im Verstehen. Und in der Wiedergutmachung.
Es braucht innere Reife, um sich ernsthaft mit einem Fehler auseinanderzusetzen. Viele Menschen schaffen es nicht einmal, sich selbst gegenüber einzugestehen, dass sie etwas falsch gemacht haben. Das ist der erste Schritt – und für manche der schwerste: das stille, aufrichtige „Ja, ich war es. Ich habe das getan.“ Ohne Rechtfertigung. Ohne Ausflüchte.
Und selbst wenn dieser Schritt gelingt, bleibt oft das Entscheidende aus: die ehrliche Suche nach dem Warum. Warum ist mir dieser Fehler passiert? Welche Muster in mir haben dazu beigetragen? Was habe ich übersehen, ignoriert, verdrängt? Welche Verantwortung habe ich wirklich? Und was bin ich bereit, wieder gut zu machen?
Wir leben in einer Welt, in der alles sehr schnell geht. Auch Entschuldigungen. Doch echtes Bedauern, echte Reue, echte Verantwortung brauchen Zeit. Sie brauchen Tiefe. Es reicht nicht, einfach nur zu sagen: „Tut mir leid.“ Wenn Beziehungen zerbrechen, wenn Vertrauen zerstört wird, wenn durch mein Handeln jemand ernsthaft verletzt wird – dann braucht es mehr. Dann braucht es eine Haltung. Eine Haltung, die bereit ist, den Schmerz zu sehen, den man verursacht hat. Und den Mut, sich damit auseinanderzusetzen.
Ich glaube, dass es in jedem Menschen ein inneres Vakuum gibt. Eine Grenze, an die wir stoßen, wenn wir anfangen, uns selbst wirklich zu begegnen. Dieses Vakuum zu durchqueren, ist notwendig, um aus Fehlern wirklich zu lernen. Wer es vermeidet, bleibt an der Oberfläche. Wer sich hineinbegibt, kann wachsen.
In meiner Arbeit versuche ich genau dort anzusetzen. Ich ermutige Menschen, Verantwortung zu übernehmen – nicht als Pflicht, sondern als Möglichkeit zur Entwicklung. Wer sich selbst ehrlich begegnet, öffnet die Tür zur Veränderung. Nicht aus Angst. Sondern aus Klarheit.
Fehler passieren. Aber wer sie verstehen will, muss bereit sein, sich selbst zu verstehen. Und wer bereit ist, den Schaden nicht nur zu benennen, sondern ihn wieder gut zu machen, leistet etwas, das weit über ein „Sorry“ hinausgeht. Er beginnt, Verantwortung zu leben.